Ausbildung zum Schädlingsbekämpfer

„Rattenfallen aufstellen und ein bisschen Gift sprühen kann ja jeder, höre ich öfter“, berichtet Jessica Dohmen. Die 22-Jährige angehende Schädlingsbekämpferin weiß es besser. Ihr abwechslungsreicher Job erfordert sehr viel Wissen aus den Bereichen Biologie, Chemie und Betriebswirtschaft, über den Umgang mit Gefahrstoffen und nicht zuletzt handwerkliches Geschick. Wenn Wespen, Marder und Insekten als ungebetene Gäste auftauchen, ist auch Einfühlungsvermögen und Beratungskompetenz gefragt.

Morgens um 7 Uhr weiß Jessica Dohmen in der Regel noch nicht, an welchen Einsatzort es sie verschlägt. Im Sommer geht es oft um Wespennester oder Mäuse. Doch das JamiroTec Schädlingsbekämpfungs-Team wird auch präventiv für Holz- und Bautenschutz-Fragen gerufen. In alten Dachstühlen sitzt manchmal ein Pilz, manchmal krabbelt es auch in den Dachbalken. „Wir müssen herausfinden, um welchen Befall es sich handelt und woher die Tiere kommen. Dann bestimmten wir die biologische oder chemische Bekämpfungsmethode“, beschreibt die Auszubildende die Spurensuche vor Ort. Kriecht zum Beispiel der Holzbock durch den Dachstuhl, greift die Auszubildende zum Abbeiler. „Sonst kommen wir nicht an die Larven heran. Zuerst wird bis auf das gesunde Holz abgebeilt, dann bürsten wir den Balkenkern mit Drahtbürsten aus und sprühen Holzschutzmittel“, erzählt sie.

Die Wahl der richtigen Bekämpfungsmittel-Dosis und der Gerätschaften lernt Jessica Dohmen praktisch im Betriebsalltag. Alle paar Wochen besucht sie in Berlin die Berufsfachschule im zweiwöchigen Blockunterricht. Dort stehen Biologie und Artenkunde, die Wirkungsweise von Bekämpfungsmitteln, ihr normgerechter Einsatz und die Entsorgung, aber auch Kostenrechnung und Kundenpsychologie auf dem Stundenplan. „Kundengespräche simulieren macht Spaß und bei der Artenkunde brauche ich genau die richtige Dosis Biologie-Wissen“, sagt Dohmen. Das Fach mochte sie bereits in der Schule. Vor ihrer jetzigen Ausbildung hatte sie bereits einen Abschuss als biologisch-technische Assistentin in der Tasche. Das Proben ziehen und Protokollieren im Labor war ihr aber zu eintönig. Als sie über die Ausbildungsanzeige der Jamirotec Schädlingsbekämpfung GmbH stolperte, googelte sie den Job, bewarb sich und bekam den Platz.

Der Betrieb mit vierzehn Mitarbeitern bietet in der Regel einen Ausbildungsplatz pro Ausbildungsjahr, damit das Verhältnis zwischen Ausbildern und Auszubildenden stimmt „Für Jessica haben wir noch einen zweiten Platz geschaffen. Sie hatte sogar einen Bohrmaschinenkurs vorzuweisen und hat uns im Gespräch überzeugt“, erinnert sich Claudia Kasig, Prokuristin und Qualitätsmanagerin bei der Jamirotec Schädlingsbekämpfungs GmbH. Klassische Tugenden wie Freundlichkeit, Pünktlichkeit und Verantwortungsbewusstsein sind ihr ebenfalls wichtig. „Wir müssen mitunter auf Kunden mit einem Panikanfall eingehen können “, sagt Kasig. Ebenso müssen Schädlingsbekämpfer sehr sorgfältig mit Chemikalien umgehen. Beim Einsatz von Technik und Bekämpfungsmitteln spielt stets auch die Sicherheit am Arbeitsplatz eine große Rolle. Weil der Betrieb auf Begasungen spezialisiert ist, benötigen Auszubildende ein behördliches Führungszeugnis. Ein Führerschein für den Transport von Equipment ist erwünscht.

Als Auszubildende im zweiten Lehrjahr bewegt sich Dohmen mittlerweile sicher in den Lagerräumen für Schutzmittel, versteht die Kennzeichnungsetiketten und kann das Material fachgerecht auswählen. Ihr Ausbildungsunternehmen bietet in eigenen Vorratsschutzräumen oder beim Kunden auch Begasung von Gebäuden oder Lebensmitteln, wie Tabak, Getreide oder Holzhäusern an. Den fachgerechten Einsatz der Insektenschutzmittel-Gase, wie Phosphorwasserstoff, dürfen nur zertifizierte Begasungstechniker durchführen. Noch fehlen Dohmen die behördlichen Zulassungen, aber sie darf bei Spezialeinsätzen in Mühlen, Holzhäusern oder Kirchen helfen. Für Begasungen und Vernebelungen braucht Dohmen Schutzanzug und Atemmaske.

Meistens fährt sie mit Kollegen an dunkle, dreckige oder auch mal stinkende Orte. Oder auch an sterile und hygienische Orte. Deshalb steigt sie morgens in eine blaue Arbeitshose und steckt eine Taschenlampe und eine Zange ein. Handschuhe braucht sie auch, denn Nager wie Rötelmäuse übertragen zum Beispiel das Hantavirus. Der Infekt kann schwere Nierenschäden auslösen. „Angst vor Nagern, Insekten und Dreck darf ich nicht haben. Schließlich krieche ich auch über stockfinstere, knarzende Dachböden, die sich für einen Horrorfilm eignen würden“, rät Dohmen jungen Leuten, die sich für ihren Beruf interessieren. Nach der Ausbildung möchte sie vielleicht noch Biologie studieren. Das jedoch ist Zukunftsmusik. „Mit jedem Einsatz wartet eine Überraschung. Aber ich habe trotzdem geregelte Arbeitszeiten. Das ist genau mein Ding und deshalb möchte ich bleiben“.

Info:

Ausbildungsdauer: 3 Jahre

Voraussetzungen: Nicht rechtlich vorgeschrieben. Betriebe suchen in der Regel nach Auszubildenden mit Hauptschulabschluss oder mittlerer Reife. Gute Noten in den Fächern Biologie, Chemie und Mathematik sind von Vorteil. Verantwortungsbewusstsein, technisches Grundverständnis und handwerkliche Begabung ebenso.

Vergütung:
1. Ausbildungsjahr 350 – 550 Euro
2. Ausbildungsjahr 450 – 650 Euro
3. Ausbildungsjahr 500 – 750 Euro

 

Dieser Artikel erschien auch im Magazin „job4u – Ausbildung und Beruf“ einer Beilage des Weser Kurier Bremen und ist mit einer Auflage von über 200.000 Exemplaren erschienen. Auf der job4u Messe im August 2017 wurden 1.500 Magazine an die Besucher verteilt. Die Lehrer in Bremen und Umgebung haben bereits über 3.500 Exemplare als Klassensätze für Ihren berufsvorbereitenden Unterricht reserviert.

Das komplette Magazin können Sie sich von dieser Seite downloaden. Einfach auf der nebenstehende Cover klicken.

Wir bedanken uns beim Weser Kurier Bremen für die freundliche Unterstützung.